Sonntag, 16. Oktober 2016

Spannung vor Kongresswahlen 2016 in den USA - Was sind der Senat und das Repräsentantenhaus?

Die Kongresswahlen in den USA genießen nicht so viel internationale Aufmerksamkeit, wie die Präsidentschaftswahl, dennoch haben sie eine enorme Bedeutung für die Arbeit des Präsidenten. Eine Politik am Kongress vorbei ist nicht möglich. Barack Obama hatte in den letzten Jahren seiner Präsidentschaft mit der Herausforderung zu kämpfen, keine demokratische Mehrheit im Kongress hinter sich zu wissen. Die Republikaner haben aktuell sowohl im Repräsentantenhaus wie auch im Senat mehr Sitze als die Demokraten.


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Das Kapitol in Washington D.C. - Sitz des Senats und Repräsentantenhauses


Was ist der Kongress?


Der Kongress der USA ist die gesetzgebende Gewalt in den Vereinigten Staaten und besteht in der Form eines Zweikammer-Parlaments, dem Senat und dem Repräsentantenhaus.
Als Legislative ist der Kongress im Wesentlichen zuständig für die Gesetzgebung, verfügt über das Budgetrecht und kontrolliert die Exekutive und damit auch den Präsidenten der USA.

Im Kongress eingebrachte Gesetzesvorlagen werden in den entsprechenden Fachausschüssen im Senat und Repräsentantenhaus getrennt voneinander beraten und abgestimmt. Die Zustimmung beider Kammern zu dem im Wortlaut gleichen Gesetz ist erforderlich. Ggf. wird ein Vermittlungsausschuss (Conference Committee) eingesetzt, um Einigkeit und die erforderliche Gleicheit der Beschlussfassungen herzustellen. Das Inkrafttreten eines Gesetzes erfolgt erst nach Zeichnung oder durch Ignorieren des US-Präsidenten. Legt der Präsident dagegen ausdrücklich sein Veto gegen ein Gesetz ein, kann es nicht inkrafttreten. Wird ein solches Gesetz nach einem Veto des Präsidenten jedoch durch beide Kammern mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit bestätigt, kann der Präsident es nicht mehr verhindern.

Vor wenigen Wochen ist es sogar erstmals in Obamas Amtszeit zu einem solchen Szenario gekommen. Der US-Präsident legte sein Veto gegen ein Gesetz ein, nach dem es Hinterbliebenen von Opfern der Anschläge vom 11. September 2001 möglich sein soll, Saudi-Arabien zu verklagen (die meisten der Attentäter stammten aus dem Königreich). Trotz aller Vorbehalte und Warnungen aus dem Weißen Haus und dem Pentagon votierten beide Kammern des Kongresses mit der erforderlichen Mehrheit für das Gesetz.

Der Präsident hat nicht das Recht an Sitzungen des Senats und des Repräsentantenhauses teilzunehmen. Einmal im Jahr jedoch hält er vor dem Kongress die vielbeachtete Rede zur Lage der Nation, "State of the Union".


Unterschiede zwischen Senat und Repräsentantenhaus


Der Senat (Senate)


In den Senat der Vereinigten Staaten von Amerika werden aus jedem der 50 Bundesstaaten (Washington D.C. ist kein Bundesstaat) jeweils zwei Senatoren gewählt. Der Senat gilt daher als Vertretung der einzelnen Bundesstaaten. Insgesamt hat die Kammer 100 Sitze, eine Mehrheit erfordert also 51 Sitze. Aktuell haben die Republikaner 54 Sitze und die Demokraten 44. Hinzu kommen derzeit noch 2 Sitze für Unabhängige. (Stand vor der Kongresswahl 2016). Aktuell, nach der Kongresswahl 2016, haben die Republikaner 52 Sitze und die Demokraten 46. Hinzu kommen noch 2 Sitze für Unabhängige.
Den Vorsitz des Senats hat der Vizepräsident der USA inne, momentan ist dies der Demokrat Joe Biden. momentan ist dies der Republikaner Mike Pence (Stand nach der Kongresswahl 2016). Zweithöchstes Mitglied im Senat ist der "Präsident pro tempore", dies ist aktuell der Republikaner Orrin Hatch aus Utah.
Die beiden Parteien haben je nach Stimmenverhältnis zudem einen Mehrheitsführer (Majority Leader), aktuell der Republikaner Mitch McConnell aus Kentucky und einen Minderheitenführer (Minority Leader), aktuell der Demokrat Harry Reid aus Nevada Chuck Schumer aus New York (neu gewählt im November 2016, er folgt auf Harry Reid aus Nevada).

Wie oben beschrieben wirkt der Senat wesentlich bei der Gesetzgebung mit. Die Hoheit über das Budgetrecht liegt jedoch beim Repräsentantenhaus. Ansonsten können beide Kammern Gesetze zur Behandlung einbringen.
Die Kontrolle der Exekutive ist eine weitere wesentliche Aufgabe des Senats. So tritt er als Gericht bei den sog. Impeachment-Verfahren (Amtsenthebungsverfahren) auf. Allerdings kann nur das Repräsentantenhaus ein solches Verfahren einleiten. Zuletzt war dies 1999 bei Bill Clinton der Fall. Der Senat sprach den Präsidenten jedoch frei.
Es war nach Andrew Johnson im Jahr 1868 (ebenfalls Freispruch) das bislang einzige Amtsenthebungsverfahren gegen einen US-Präsidenten. Richard Nixon kam im Jahr 1974 durch seinen Rücktritt einem entsprechenden Verfahren zuvor.

Laut Verfassung muss der Senat dem US-Präsidenten zudem "Rat und Zustimmung" bei der Besetzung von hohen Regierungsämtern wie dem Supreme Court oder auch bei der Ratifikation von internationalen Verträgen geben.

Sollte bei der Wahl des US-Vizepräsidenten keiner der Kandidaten eine Mehrheit von 270 Wahlmännerstimmen beim Electoral College erhalten, wählt der Senat den neuen Vizepräsidenten mit einfacher Mehrheit. Zur Wahl stehen dabei die beiden Kandidaten mit den meisten Wahlmännerstimmen.


Das Repräsentantenhaus (House)


Das Repräsentantenhaus ist die Volksvertretung der USA. Es werden insgesamt 435 Abgeordnete, die "Congressmen/Congresswomen" oder "Representatives" in das "House" gewählt. Die Abgeordneten werden direkt gewählt. Für die Mehrheit im Repräsentantenhaus sind also 218 Sitze erforderlich. Die letzte Wahl 2014 ergab folgendes Ergebnis: 247 Sitze für die Republikaner und 188 Sitze für die Demokraten.
Die letzte Wahl 2016 ergab folgendes Ergebnis: 241 Sitze für die Republikaner und 194 Sitze für die Demokraten.

Während jeder Bundesstaat einheitlich zwei Senatoren für den Senat stellt, orientiert sich die Verteilung der Sitze im Repräsentantenhaus an der Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesstaaten. So hat Kalifornien 53, Texas 36, Wyoming, Montana oder Delaware z. B. nur jeweils 1 Sitz.
Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses ist der Republikaner Paul Ryan aus Wisconsin.
Wie der Senat ist auch das Repräsentantenhaus maßgeblich an der Gesetzgebung beteiligt. Wie oben bereits beschrieben ist insbesondere das Budgetrecht ein Alleinstellungsmerkmal des Repräsentantenhauses. Nur in dieser Kammer können Finanz- und Haushaltsgesetze eingebracht werden. Erst danach gehen die Ergebnisse weiter an den Senat.


Die Arbeit im Repräsentantenhaus erfolgt in Fachausschüssen, die ähnlich wie in Deutschland thematisch aufgeteilt sind.

Sollte bei der Wahl des US-Präsidenten keiner der Kandidaten eine Mehrheit von 270 Stimmen beim Electoral College erhalten, wählt das Repräsentantenhaus den neuen Präsidenten mit einfacher Mehrheit aus den drei Kandidaten mit den meisten Wahlmännerstimmen.


Wahlen zum Kongress


Die Legislaturperioden zwischen Senat und Repräsentantenhaus unterscheiden sich. Das Repräsentantenhaus wird alle 2 Jahre neu gewählt. In den Senat wird man dagegen für 6 Jahre gewählt, wobei aber alle zwei Jahre ein Drittel des Senats neu zur Abstimmung steht.

Kongresswahlen findet also alle 2 Jahre statt, immer in geraden Jahren. In diesem Jahr 2016 fallen die Kongresswahlen wieder zusammen mit der Präsidentschaftswahl. Die Wahlen dazwischen also z. B. 2014 und 2018 ohne Präsidentschaftswahl werden "Midterm Elections" genannt.
Gewählt wird immer am Dienstag nach dem ersten Montag im November. (Es ist nicht der erste Dienstag im November. Wenn wie in diesem Jahr der 1.November ein Dienstag ist, wird erst eine Woche später am 08. November gewählt).


Der Vizepräsident entscheidet bei Patt im Senat


Kommt es zu einem Patt im Senat (50:50) zwischen Demokraten und Republikanern, würde der Vorsitzende des Senats, also der US-Vizepräsident mit seiner Stimme für eine Mehrheit sorgen können.
Das Beispiel zeigt also, wie wichtig der Ausgang der Präsidentschaftswahl einerseits für die Mehrheitsbildung im Senat sein kann und andererseits, wie wichtig der Ausgang der Kongresswahlen, hier insbesondere im Senat für die Politik des Präsidenten werden kann.

Website Repräsentantenhaus

Ergebnis Kongresswahlen 2016



Bei den diesjährigen Kongresswahlen (Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats) wird insbesondere mit Spannung auf den Senat geblickt.
Es wird erwartet, dass das Repräsentantenhaus in republikanischer Hand bleiben wird. Zwar scheinen nach aktuellen Umfragen und Prognosen die Demokraten Chancen auf eine Verbesserung zu haben, die Mehrheit scheint allerdings nicht in Reichweite zu sein. Es wird angenommen, dass die Republikaner ziemlich sicher auf mindestens 228 Sitze kommen werden und hätten damit schon 10 Sitze über der erforderlichen Marke von 218. Den Demokraten werden etwa 193 Sitze zugerechnet. 14 Sitze scheinen derzeit noch besonders eng umkämpft zu sein. Aber es sind eben auch nur Umfragen, man muss auch abwarten, wie sich die aktuelle innerparteiliche Krise der Republikaner noch auswirken könnte.

Im Senat dagegen wird es richtig spannend. Rechnet man aktuell die Sitze zusammen, die nicht zur Wahl stehen (Zweidrittel des Senats) und jene, die laut Prognosen schon relativ sicher einer Partei zugeordnet werden können, kommen Demokraten und Republikaner jeweils auf 46 Sitze, 8 Sitze sind noch offen und besonders heiß umkämpft. Beiden Parteien würden demnach 5 Sitze zur Mehrheit fehlen.

Die Tabelle zeigt die aktuellen Umfragen zu den offenen 8 Sitzen mit einem besonders knapp prognostizierten Wahlausgang für den Senat.


Senatswahlen USA 2016
- durchschnittliche Umfragen - Stand 05.November
Auszug für die 8 eng umkämpften Sitze
Bundesstaat
Demokraten
Republikaner

Florida
Patrick Murphy
46,3 %
Marco Rubio
49,5 %
+3,2 %
Indiana
Evan Bayh
42,0 %
Todd Young
42,7 %
+0,7 %
Nevada
Catherine Cortez Masto
45,3 %
Joe Heck
46,7 %
+1,4 %
Missouri
Jason Kander
45,3 %
Roy Blunt
46,8 %
+1,5 %
North Carolina
Deborah Ross
45,0 %
Richard Burr
46,5 %
+1,5 %
Pennsylvania
Katie McGinty
47,0 %
Pat Toomey
44,2 %
+2,8 %
Wisconsin
Russ Feingold
47,0 %
Ron Johnson
44,3 %
+2,7 %
Hew Hampshire
Maggie Hassan
44,8 %
Kelly Ayotte
47,2 %
+2,4 %
Quelle: www.realclearpolitics.com


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